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Category Archives: Kolumne Streithahn

Der Kuckuck und der Esel

“Es ist nie zu spät, vernünftig zu werden.” Wenn das Gericht die Rechtsuchenden so belehrt, kommt das der Höchststrafe schon sehr nahe.

Das ist auch schon das Interessanteste an dem Fall. Der Rest ist eher langweilig, obwohl im altehrwürdigen Saal am Münchener Oberlandesgericht viel gesungen worden sein soll.

Beinahe nebensächlich: man streitet um eine angebliche Überarbeitung der Erkennungsmelodie der ZDF – heute Nachrichten, des sogenannten “Fanfarenblues”. Ein Musikverlag vertritt die Rechte an der 1962 in Urfassung komponierten Melodie und meint, das ZDF hätte die Veränderung nicht auf eigene Faust durchführen dürfen. Das ZDF vertritt, es handele sich um eine Neukomposition.

Das kommt Ihnen belanglos vor? Dem Gericht auch. Das hindert die Parteien jedoch nicht daran, sich gegenseitig die Gutachten um die Ohren zu schlagen. Die Oberlandesrichter nehmen’s derweil mit Humor und sehen schon die dritte Instanz mit der Klage beschäftigt: “„Vielleicht gibt es irgendwann auch ein BGH-Urteil Fanfarenblues so wie so.“

Zum tiefer lesen: http://www.tagesspiegel.de/medien/kein-urteil-gericht-empfiehlt-einigung-im-streit-um-heute-melodie/9712972.html

Die Kolumne Streithahn erscheint monatlich im Newsletter Vertrags- und Konfliktmanagement

Paradebeispiel für Verlierer-Verlierer-Lösung

Viele Menschen sind bei Verhandlungen und Konflikten auf eine Gewinner-Verlierer Lösung aus: „Ich gewinne, Du verlierst.“ Stephen Covey schreibt in seinem Buch „7 Habits of Highly Effective People“: „Alles andere als Gewinner-Gewinner Lösungen führt auf die Dauer zu Verlier-Verlierer Situationen.“ Langfristig funktionierende (Geschäfts-) Beziehungen funktionieren nicht, wenn einer dabei den Verlierer mimen soll.

Eine Verlierer-Verlierer Lösung in Reinkultur haben die Helden der folgenden Geschichte für sich „erreicht“.

Zwei getrennt lebende Eheleute hatten einen heftigen Streit. Sie wurden handgreiflich und verletzten sich gegenseitig leicht. Eine anwesende Frau rief die Polizei, die gegen die beiden alkoholisierten Eheleute ein Strafverfahren wegen Körperverletzung einleitete.

Dabei stellten die Beamten fest, dass gegen den Mann ein Haftbefehl vorlag, weil er eine Geldstrafe nicht bezahlt hatte. Offenbar wollte er nicht alleine hinter schwedische Gardinen und informierte daher kurzerhand die Polizisten darüber, dass auch gegen seine Frau aus dem gleichen Grund ein Haftbefehl vorliege. Auch das bestätigte sich und beide Eheleute wurden festgenommen.

„Gemeinsam in den Abgrund.“ So wird die letzte Stufe der Glasl’schen Konflikteskalationsstufe oft umschrieben. Unsere beiden Kontrahenten wollten es wohl mal ausprobieren…

Zum tiefer lesen: Artikel

 

2 Millionen Euro Prozesskosten pro Tag!

Kann es eine Rechtfertigung geben, diesen Prozess zu führen? Die Geschichte klingt wie eine Anleitung wie man verlorenem Geld möglichst viel gutes Geld hinterher werfen kann.

Nächste Woche beginnt ein Mammutprozess am Landesgericht Klagenfurt. Die Hypo Alpe Adria Bank (bayerischen Steuerzahlern sträuben sich bei diesem Namen die Nackenhaare) verklagt vier Aktionäre und neun ehemalige Manager auf 50 Mio. EUR. Hintergrund ist eine Sonderdividende, die 2008 ausgeschüttet worden war.
Alleine die Gerichtskosten belaufen sich auf rund 905.000 EUR pro Tag! Auf Grund der Anzahl der Beteiligten und des hohen Streitwertes werden die Gesamtprozesskosten pro Verhandlungstag bei ca. 2 Mio. EUR liegen!
Der eingeklagte Betrag von 50 Mio. EUR wird also schon nach 25 Prozesstagen von den Gebühren und Honoraren für Gericht und Anwälte übertroffen werden. 32 Verhandlungstage sind anberaumt.
Macht das Sinn? Man muss kein Experte für Konfliktbewältigung sein, um zu erkennen, dass die Parteien das Geld im Rahmen einer einvernehmlichen Lösung besser einsetzen könnten.

Quelle: http://kaernten.orf.at/news/stories/2629048/

Warten auf’s Urteil

Das gibt es auch in Deutschland: jahrelange Prozesse ohne Ausgang. Am Langener Amtsgericht versucht eine Frau seit 2008, sich von ihrem Gatten scheiden zu lassen. Zwölf Gerichtstermine waren in dem Zeitraum anberaumt worden, wovon sieben ausfielen. Offenbar verfolgt ihr Mann eine Verzögerungstaktik und ist mit dieser beim Amtsgericht Langen erfolgreich. Die Betroffene resümiert: „Das juristische Verfahren ist an der Lebenssituation der Beteiligten keinen Meter interessiert. Was bitteschön ist, wenn das so bitter bei Menschen läuft, die auf eine vergleichsweise schnelle Urteilsfindung angewiesen sind, um vielleicht nicht die Wohnung zu verlieren oder schlimmstenfalls in Hartz IV abzurutschen?“

Ja, was ist dann eigentlich? Zugegeben: kooperative Streitbeilegungsmethoden setzen den Einigungswillen der Parteien voraus und würden hier vermutlich erstrecht ins Leere laufen. Wenn aber die zwangsmittelbewehrte staatliche Justiz in solchen Fällen nicht greift, in denen Rechtssuchende auf diese Zwangsmittel angewiesen wären, wo liegen dann eigentlich ihre Vorteile?

 

Zum tiefer lesen: Artikel

 

Tiefenrausch

Zitat Fränkische Landeszeitung vom 15. Oktober 2013, S. 14:

„Fluchtversuch ging schief

OCHSENFURT – Mit Leggins und T-Shirt als Seilersatz und einer Flasche Rotwein im Gepäck hat eine Frau in Ochsenfurt (Landkreis Würzburg) versucht, aus ihrem Badezimmer zu entkommen.

Die ältere Frau stürzte dabei etwa fünf Meter tief und wurde mit Rückenschmerzen in ein Krankenhaus gebracht. Sie sei nach einigen Gläsern Wein mit ihrem Gatten in Streit geraten und habe sich im Badezimmer eingeschlossen, teilte die Polizei mit. Als der Mann nach einiger Zeit die Badezimmertür öffnete, fand er nicht seine verärgerte Frau vor, sondern eine Leggins und ein T-Shirt, die wie ein Seil am Fensterkreuz befestigt waren. Beim Blick nach unten sah er die verletzte Ausreißerin auf dem Rasen liegen.

Die Flasche Wein soll den Absturz unversehrt überstanden haben.”

Das spricht für sich, da muss ich nichts ergänzen … nur soviel vielleicht: es gibt auch gute Ehe- und Familienmediatoren. Auf Anfrage gebe ich gerne Empfehlungen.

 

Die Kolumne “Streithahn” wird monatlich im Newsletter von Oliver Dittmann Mediation & Training veröffentlicht.

Pleite durch Streitkosten?

Peinlich: zunächst für die Ermittlungsbehörden, dann für den Betroffenen und vor allem für dessen Anwälte: Bei strafrechtlichen Ermittlungen wird bei einem Zeugen ein Gemälde gefunden und beschlagnahmt.

Peinlich für die Staatsanwaltschaft: das Bild konnte später nicht mehr gefunden und zurückgegeben werden (was es nicht alles gibt, von verlorenen Bankgarantien habe ich ja schon öfter gehört).

Der Eigentümer war natürlich erbost über den Verlust, zumal es sich um einen echten Renoir im Wert von 32 Mio. EUR gehandelt haben solle. So legte er Klage auf Schadenersatz in eben dieser Höhe gegen das Land Nordrhein-Westfalen ein, über die letztlich das Oberlandesgericht Hamm in zweiter Instanz zu entscheiden hatte.

Peinlich für den Betroffenen: es handelte sich leider doch nicht um einen echten Renoir, sondern um einen billigen Nachdruck, was sich im Laufe des Prozesses herausstellte. Auf Grund des hohen Streitwertes sitzt er nun auf Streitkosten in Höhe von 1,8 Mio. EUR.

Peinlich für die Anwälte des Klägers: Schadenfreude gegenüber demjenigen, der durch Behördenschlamperei ein Bild einbüßte und nun auch noch horrende Streitkosten zu tragen hat, liegt mir fern. Ich frage mich allerdings: wurde der Mensch nicht beraten, bevor er eine Klage in dieser Höhe einreichte? Das Anwaltshonorar richtet sich freilich auch am Streitwert aus und dürfte hier einen mittleren sechsstelligen Betrag ausmachen. Ein Schelm, der Böses dabei denkt….

Die Kolumne “Streithahn” wird monatlich im Newsletter von Oliver Dittmann Mediation & Training veröffentlicht.

Ein Knall um ein rotes Gummiboot

Zugegeben, mir liegen keine Hinweise darauf vor, dass das ebay-Boot, aus dem BGH Urteil vom 19.12.2012-VIII ZR 96/12 (LG Berlin), (vergleiche “Haftungsausschluss, wie allgemein darf er sein?”) ROT war. Auch dürfte bestenfalls der beschriebene Rumpfüberzug aus GUMMI gewesen sein. Dennoch halte ich den Gassenhauer von Wencke Myhre “Er hat ein knallrotes Gummiboot” für sehr passend, vor allem das Wort “KNALL”.

Man stelle sich einmal vor: Der Streit um ein bei Ebay für 2.510 EUR verkauftes Boot ist nach über 3 Jahren beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe angelangt und wird zur Revision an die Vorinstanz zurück vewiesen. Welch aberwitzige Verschwendung von Geld, Zeit und Ressourcen! Außerdem können wir davon ausgehen, dass so ein Verfahren mit einer enormen nervlichen Belastung für die Streitparteien einhergeht.

Hier scheinen sich die Akteure so richtig ineinander verbissen zu haben. Bis zum bitteren Ende. Auf den Glasl’schen Konflikteskalationsstufen dürften wir auf der obersten Stufe angekommen sein.

Wenn zwei so richtig ROT sehen, dann hilft auch kein LachGUMMI. – Ich glaub’ ich hab’ ‘nen KNALL!

Die Kolumne “Streithahn” wird monatlich im Newsletter von Oliver Dittmann Mediation & Training veröffentlicht.